Haushaltsrede zur Einbringung des Entwurfs des Haushalts 2022 in der Sitzung am 10.11.2021

Waldsolms, den 11. 11. 2021

 

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren der Gemeindevertretung, liebe Mitglieder des Gemeindevorstandes und der Ortsbeiräte, sehr geehrte Gäste.

 

Der Haushalt für das Jahr 2022 ist der 16. Haushalt, den ich einbringen darf. Sie kennen bestimmt Dinner for One. "The same procedure as every year?“

Von wegen. Es gibt einige Punkte, die diesen Haushalt besonders machen.

 

Mit diesem Haushalt werden grundlegende Entscheidungen für zukünftige Investitionen getroffen. Entscheidungen, die weit über das nächste Jahr hinausreichen und einen kontinuierlichen Prozess der Erneuerung einleiten.

In der Bundespolitik stehen die Zeichen auf Wechsel. Dies ist der vermutlich letzte Haushalt, den ich zu Zeiten von Bundeskanzlerin Merkel, die ja noch geschäftsführend im Amt ist, einbringe. Im Wahlkampf wurde viel versprochen und die Positionen waren von Steuern senken bis zu Steuern erhöhen denkbar weit auseinander. Und in aller Munde: Klimawandel. Weg von Benzin und Dieselautos, hin zu Elektromobilität. Weg von Ölheizungen, hin zu Wärmepumpen. Der hierfür benötigte Strom soll aus regenerativen Quellen kommen.

Doch kann das klappen?

Ein Liter Benzin, Diesel oder Heizöl entspricht in etwa 10 Kilowattstunden (kwh). Der Stromverbrauch eines Durchschnittshaushaltes wird dann von 3.000 kwh auf mindestens 20.000 kwh ansteigen. Und das in jedem Haushalt. Dafür sind weder unsere Stromleitungen, noch die jetzt in Betrieb befindlichen Kraftwerke ausgelegt.

Wenn dann auch noch die Produktion der Stahlindustrie auf Strom umgestellt werden soll, wird es ganz erheblicher Kraftanstrengungen bedürfen, die Stromversorgung sicherzustellen.

Angesichts der langen Verfahrensdauer zur Genehmigung neuer Anlagen in der Vergangenheit ist dies auch bei allen guten Vorsätzen, dies ändern zu wollen, wahrlich keine leichte Aufgabe.

Die sauberste Energie ist die, die erst gar nicht verbraucht wird. Hier müssen wir ansetzen. Nicht einfach nur von einer Energieform auf eine andere wechseln. Dies auch vor dem Hintergrund enorm gestiegener Kosten für Energie. Die Gemeinde Waldsolms wendet im kommenden Jahr allein rd. 334T € für Strom, Treibstoff, Heizöl und Pellets auf. Und ob das das Ende der Fahnenstange ist, darf bezweifelt werden.

Dieses Thema belastet jeden von Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren und natürlich auch uns als Gemeinde alle zusammen.

Wer glaubt, dass Klimaschutz nicht wichtig ist, dem empfehle ich einen Ausflug zum Aletschgletscher in der Schweiz. Es ist noch gar nicht so lange her, dass Ortschaften Angst hatten, vom Gletscher überdeckt zu werden. Und heute sieht man das dramatische Abschmelzen des „ewigen“ Eises.

In immer kürzeren Abständen eintretende Naturkatastrophen zeigen, dass ein „weiter so“ keine wirkliche Option ist. Wir haben seit dem Beginn der industriellen Revolution Ressourcen verbraucht, die in vielen 100.000 Jahren entstanden sind. Man darf nicht glauben, dass dies folgenlos bleibt.

Doch nun zum Haushalt der Gemeinde Waldsolms

Die Gemeinde Waldsolms erzielt ohne Berücksichtigung von Abschreibungen und Sonderposten einen Überschuss von 583 T€. Dies zeigt, dass wir in der Lage sind, unsere laufende Geschäftstätigkeit seriös zu finanzieren und darüber hinaus auch noch investieren können, ohne hierfür Kredite aufnehmen zu müssen.

Dennoch schließt der Haushalt mit einem buchhalterischen Minus von 211 T€ ab. Wir sind in der glücklichen Lage, diesen Betrag aus der Rücklage der positiven Vorjahresergebnisse entnehmen zu können. Darüber hinaus sind in allen unseren Produkten insgesamt 328 T€ für die Unterhaltung und Instandsetzung unserer kommunalen Liegenschaften enthalten, die das Ergebnis belasten. Nichts investieren und schon wäre der Haushalt ausgeglichen. Doch genau das ist der falsche Weg. Eine schwarze Null geht im aktuellen Umfeld zu Lasten der Substanz.


Im Bereich der Kinderbetreuung in unseren drei Kindertagesstätten liegt das Defizit bei rd. 1,1 Mio.€. Bekämen wir von Land und Bund hier eine angemessene Unterstützung, sähe unser Ergebnishaushalts wesentlich besser aus.

In diesem Jahr erfolgte eine Nachkalkulation der Wasser- und Abwassergebühren, um die Kostendeckung zu überprüfen. Das Ergebnis ist, dass wir unsere Gebühren stabil halten können. Dies auch vor dem Hintergrund, dass anstehende Investitionen zur Sicherstellung unserer Wasserversorgung sowie der Abwasserbeseitigung aus der Erbschaft finanziert werden können. Hier haben alle Bürgerinnen und Bürger einen direkten Vorteil.

So sieht der Haushalt für 2022 aus:

 

Bezeichnung

Haushaltsansatz

 

Abschluss
2020

2022

2021

 

 

 

 

Privatrechtliche Leistungsentgelte

449.900

517.500

376.867,93

Öffentlich-rechtliche Leistungsentgelte

1.966.350

1.978.350

1.932.625,62

Kostenersatzleistungen und -erstattungen

245.750

251.850

378.045,09

Steuern und steuerähnliche Erträge einschließlich Erträge aus gesetzlichen Umlagen

4.574.650

4.176.800

4.191.726,44

Erträge aus Transferleistungen

15.000

15.000

29.791,21

Erträge aus Zuweisungen und Zuschüssen für laufende Zwecke und allgemeine Umlagen

2.946.800

2.671.450

2.740.916,17

Erträge aus der Auflösung von Sonderposten aus  Investitionszuweisungen, -zuschüssen und -beiträgen

562.450

636.200

498.666,02

Sonstige ordentliche Erträge

581.500

446.000

467.383,69

Summe der ordentlichen Erträge  

11.342.400

10.693.150

10.616.022,17

Personalaufwendungen

3.768.550

3.312.050

3.217.874,18

Versorgungsaufwendungen

234.400

234.400

242.283,23

Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen

2.596.200

2.358.000

2.072.794,29

Abschreibungen

1.357.400

1.305.450

1.401.579,16

Aufwendungen für Zuweisungen und Zuschüsse sowie besondere Finanzaufwendungen

157.900

157.900

167.188,64

Steueraufwendungen einschließlich Aufwendungen aus gesetzlichen Umlageverpflichtungen

3.654.950

3.416.350

3.419.733,06

Transferaufwendungen

12.000

12.000

11.148,21

Sonstige ordentliche Aufwendungen

5.950

5.950

24.922,09

Summe der ordentlichen Aufwendungen  

11.787.350

10.802.100

10.557.522,86

Verwaltungsergebnis

-444.950

-108.950

58.499,31

Finanzerträge

174.400

165.000

17.875,27

Zinsen und andere Finanzaufwendungen

19.200

25.900

15.299,42

Finanzergebnis

155.200

139.100

2.575,85

Gesamtbetrag der ordentlichen Erträge

11.516.800

10.858.150

10.633.897,44

Gesamtbetrag der ordentlichen Aufwendungen

11.806.550

10.828.000

10.572.822,28

Ordentliches Ergebnis  

-289.750

30.150

61.075,16

Außerordentliche Erträge

78.500

45.000

-243,99

Außerordentliches Ergebnis  

78.500

45.000

-243,99

Jahresergebnis  

-211.250

75.150

60.831,17

 

 

 

 

 

Im Ergebnishaushalt enthalten ist auch die Fortführung der sehr guten Arbeit unserer Dorfkümmerin, Frau Hoffer-Lorisch, sowie die Wiederaufnahme der Jugendarbeit.

Der Glasfaserausbau in allen Waldsolmser Ortsteilen belastet unseren Haushalt nicht. Hier wird von der Gemeinde – anders als bei den bisherigen Breitbandverbesserungen in der Vergangenheit – kein Eigenanteil fällig. Wir werden personell aber Vorsorge treffen, dass die wohl größte zusammenhängende Infrastrukturmaßnahme in der Geschichte von Waldsolms unter Aufsicht der Gemeinde abläuft. Dies kostet zwar auch Geld, ist aber mit Sicherheit gut angelegt.

Im Haushaltsjahr 2021 wurden keine Kredite in Anspruch genommen.

Für 2022 ist ebenfalls keine Darlehensaufnahme vorgesehen. Die geplanten Investitionen in Höhe von rd. 7 Mio. € - können aus Eigenmitteln – auch dank der Erbschaft Wedel - und Zuschüssen bestritten werden.

 

Die Verschuldung liegt Ende nächsten Jahres voraussichtlich bei nur noch 733 T€ (Gemeindeanteil 462 T€). Pro Kopf sind dies 153 € bzw. 97 €. Und dies, obwohl wir so viel investieren und in der Vergangenheit investiert haben. Allein über die verschiedenen Konjunkturförderprogramme haben wir über 1,7 Mio. € investiert.

 


Dieser Haushalt hat im Investitionsplan ein bisher nie da gewesenes Volumen erreicht. Vor uns liegen auch sehr viele „dicke Brocken“, die wir angehen müssen.

Allein für die Realisierung der grundhaften Sanierung der Schnurgasse werden rd. 1,1 Mio. € benötigt. Wir sind froh, dass endlich Bewegung in die Sache gekommen ist und es im kommenden Jahr mit Unterstützung von Hessen Mobil endlich losgehen kann. Unter dem Strich wird es für uns teurer als wenn wir die Straße über die „Sanierungsoffensive des Landes Hessen“ bauen würden. Nur wird erst im Jahr 2023 wieder geprüft, welche Straßen in den nächsten fünf Jahren gebaut werden. Angesichts des beklagenswerten Zustands der Schnurgasse und dem Wissen, wie viele Jahre wir schon vertröstet worden sind, keine wirkliche Alternative. Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.

Die Projekte sind:

Bezeichnung

Betrag in Euro

Verwaltungssteuerung/ Org. Dienstleistungen

441.300

Grundstücksverkehr

290.000

Allgemeine Sicherheit und Ordnung

25.600

Brandbekämpfung und Gefahrenabwehr

277.300

Kinderbetreuung in Kindertagesstätten

514.200

Spielplätze

55.000

Sportförderung

41.000

Sportstätten

35.000

Freibad

8.900

Wasserversorgung

1.283.500

Abwasserbeseitigung

1.356.000

Unterhaltung der Gemeindestraßen

1.465.000

Wasserläufe

406.000

Friedhöfe

119.000

Dorfgemeinschaftshäuser

401.300

Bauhof

279.100

 

Dieser Haushalt ist ein optimistischer, der - und darauf möchte ich ganz besonders hinweisen - ohne Steuererhöhungen auskommt. Setzen wir gemeinsam alles daran, dass wir das Heft des Handelns in der Hand behalten und nicht von anderen gezwungen werden, unsere Steuersätze doch noch erhöhen zu müssen.

Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei allen meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die gerade in dieser schwierigen Zeit Enormes leisten.

Mein Dank richtet sich auch an Sie, liebe Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Gemeinsam werden wir Waldsolms nach vorn bringen. Ebenso danke ich den vielen ehrenamtlich Tätigen, ohne die unsere Gemeinde viele Dinge nicht anbieten könnte.

Wie immer endet meine Rede mit einem Zitat. Diesmal von Johannes Rau:

Wir dürfen unseren Kindern nicht vorgaukeln, die Welt sei heil. Aber wir sollten in ihnen die Zuversicht wecken, dass die Welt nicht unheilbar ist.

In diesem Sinne: Gehen wir es an!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Ihr
Bernd Heine
Bürgermeister